*topie

Was ist das? Ich lese Ort, Raum, Stelle. Mit einem U davor bezeichnet der Begriff einen Ort oder auch einen Zustand, in dem alles perfekt ist, mit dem Präfix Dys das Gegenteil: einen Ort oder Zustand, der schlecht, defekt, verdorben ist. Ich kann alles mögliche davorsetzen, um dann einen Bedeutungswandel zu erreichen. Ich entscheide mich für Femi. Ein Ort für Frauen, von Frauen dominiert, ein Schutzort, ein Ort der Entfaltung ermöglicht, unbehelligt, frei von Hemmnissen und unberechtigter Kritik, die einschränkt, beschämt, stumm macht.

Warum frage ich mich das?

Parallel zur Literatur Jetzt, dem Dresdner Festival zeitgenössischer Literatur 2023, werden meine Autorengruppe und ich eine Installation im Geh8 Kunstraum mitgestalten. Das Thema für unsere Texte ist das Obige und ist entsprechend weitgefasst. Mich beschäftigt das Thema toxische Beziehungen, Misanthropie, Feminismus, sexuelle Belästigung und Missbrauch schon länger, und ich muss, glaube ich, nicht betonen, wie groß die Aufregung zum einen bei der #MeToo-Bewegung war, zum anderen bei der Aufdeckung Harvey Weinsteins skandalöser Machenschaften (btw: Maria Schraders wunderbare Regiearbeit bei She Said muss hier von mir unbedingt hervorgehoben werden, ich kann nicht anders!).

Wer auch nur annähernd schon einmal in einer Situation war, wie von den Frauen im Film eindrucksvoll geschildert, weiß, wie schwierig es ist, Glaubwürdigkeit zu erlangen, da die Beweislast hier ja immer beim Opfer liegt. Und wie soll man etwas beweisen, wofür es keine Zeugen gibt? Und eine anderslautende Aussage dagegensteht? Wie viel Leid hat es in diesen Dingen schon gegeben, wird es noch geben? Machtgefälle, die Ausnutzung der Position des (der) Schwächeren durch den Stärkeren spielen eine große Rolle, aber nicht nur. Häufig liegt es auch daran, dass Frauen in ihrer Sozialisation verhaftet sind, nicht zusammenhalten, nicht gemeinsam aufstehen und laut werden. Sprüche wie “na, irgendwas wird sie wohl auch schon dazu beigetragen haben” oder “kein Wunder, so wie sie auch herumläuft” bis hin zu “die will das doch auch” sind alle schon gefallen. Aber mal ganz ehrlich: spielen Unbedarftheit und Äußeres wirklich eine Rolle, wenn im entscheidenden Augenblick ein Nein! gefallen ist? Ein Nein, das vernehmlich war und damit ernst zu nehmen ist? Das man glaubt, nicht respektieren zu müssen?

Natürlich nicht. Und man sollte auch nicht mit Pfefferspray bewaffnet vor die Tür gehen müssen, weil das alles sich auch in unmittelbarer Nachbarschaft abspielen kann. Nicht die Teilnahme an einem Selbstverteidigungskurs notwendig machen, nicht einen Umzug, um dem Gefährder zu entgehen.

Eine Stelle, einen Ort, einen Raum braucht es, einen, der Sicherheit bietet, Schutz und Entfaltung ermöglicht. Eine Femitopie.

Auf nach Dresden….

Photo credits: Kiana Bosman on unsplash.com – thanks, Kiana!